Sprüche

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1    Das was da ist, das wars.


2    Nichts benötigt so viele Gesetze wie die Freiheit.


3    Darin irrt Heidegger, dass das Seyn zittere, sich verhülle, sich verberge. Das Seyn röhrt. Es brüllt und ramentiert

      besinnungslos herum und schlägt mit vierundzwanzig Fäusten uns unablässig auf den Kopf. Ach! Würde es sich

      doch hinter einer kommoden Metaphysik verbergen.


4    Dem protestantischen Rationalismus sind alle Gottglauben Privatsache. Nur der Glaube an den kleinen Gott der

      Welt, das Subjekt, ist öffentliche Angelegenheit. Eine Verkehrung für den der’s glaubt.


5    Der lange Marsch von der Arbeiterpartei zur Sozialarbeiterpartei, vom Proletarier zum Gewerkschafter, von der

      Autonomie zur Selbst-Verwaltung.


6    Nichts macht das Apriori verdächtiger als wenn es in Erscheinung tritt und niemand es daran hindert.


7    Don Giovanni in Spanien: mille e tre. Auch sie würden als valide Kohorte kaum ausreichen für eine verlässliche

      Aussage über die spanischen Frauen.


8    So ein törichtes Wort wie „Bildsprache“. Die Bildsprache Manets! Furchtbar. Die Musiksprache, die

      Gemüsesprache, die Sprache der Büsche und Bäume. Auch furchtbar, aber nicht so furchtbar wie „Bildsprache“.


9    Die Aufklärung hat Kants sapere aude! zum Wagnis umgedeutet. Zum Wagnis, dass ich denken soll, was die

      Aufklärer denken.


10  Die Struktur eines Körpers ist der Körper. Die Struktur eines Gedankens der Gedanke. Das Wesenswas lässt sich

      durch ein Anderes im Besonderen nicht erklären, jedenfalls nicht festhalten oder besser: nicht fernhalten, nämlich

      so fern, dass ein Näherliegendes sich fester anfassen ließe.


11  Darin zwingt uns Hegel: Wenn ein Gedanke oder ein umgreifendes Bedenken zu seinem Begriffe gekommen ist,

      als Formalismus, Strukturalismus, Naturalismus u.s.f., werden sie als Totum verwaltet, haben die Einzelheit   

      vergessen, werden nicht mehr in Wahrheit gedacht und können wirklich als abgetan gelten. Sie sind nur noch

      Erinnerung für Vergangenes.


12  Die Form bleibt nie für sich. Die Materie bleibt nie für sich. Das Meerschweinchen bleibt nie für sich. Auch nicht die

      liebe Sonne.


13  Der Satz „Kant hat nicht in Halle gelebt“ ist nicht kritisch. Er ist bloß wahr.


14  Früher gab es die schmutzigen Wörter und Großmütterchen schalt, wo sie vorkamen. Es gibt sie noch und eines

      der schmutzigsten Worte ist Willensbildung. Wie kann ein Satz wie „Die Parteien wirken an der Willensbildung des

      Volkes mit“ ohne Schamröte zitiert werden? Großmütterchen, die Rute!


15  Wenn alles einen Grund hat, dann hat auch das Grundgesetz einen Grund.


16  Woher kennt Kelsen die Grundnorm, wo sie doch unerkennbar ist?


17  Nur das Schreien der Opfer der Anderen ist bewegend.


18  Von Volk oder Gesellschaft ist ein Transzendentales vielleicht noch denkbar. Von Mehrheit nicht. Die Mehrheit als

      Akzidens zu Volk oder Gesellschaft? Meinen Sie? Nein, eben nicht. Mehrheit ist etwas anderes und weder

      Einschränkung noch Negation von Volk oder Gesellschaft. Die Mehrheit ist hierzu ein Drittes und dieses Dritte

      herrscht.


19  Etwas Kluges oder etwas Dummes, etwas Gutes oder etwas Böses – sie alle werden nicht durch

      Verallgemeinerung besser. Man hätte es wissen sollen. Auch das entmythologisierte Gesetz ist bloß die Form

      entmythologisierter Ordnungsvorstellungen und als Gesetz nicht mehr wert als diese. Hinter der allgemeinen Form

      (Kants Reinheit) haben die Reinen den Inhalt als etwas Schmutziges fern zu halten versucht und sie haben selber

      daran geglaubt. Die Nicht-Philosophen haben es nicht geglaubt. In der Neuzeit war den Philosophen nicht wichtig,

      wie wir leben, sondern dass alle anderen auch so leben.


20  Kann Demokratie Undemokratisches beschließen?


21  Ein Grundrecht, insofern es mit einem anderen Grundrecht in ein notwendiges Abwägungsverhältnis tritt, gilt so

      wenig wie das andere. Es gilt nur das Abgewogene, statt beider.


22  Kant unterscheidet das Rhapsodische vom Systematischen. Das Rhapsodische interessiert ihn nicht, weil es unter

      keine Einheit zu bringen ist. Er könnte die Literatur gemeint haben.


23  Die Welt entschuldigt unerwünschte Einmischung eher als Distanz.


24  Der Mitleidige leidet nicht. Bloß mit.