LESEPROBE: Erklärte Nacht, 2010, der Anfang

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Sass Kaete auf der Bank. Frust, Frust. War auf Stipendium und war hin und aufgezehrt, schwere Geburt, schwere Kindheit, schwere Verdauung, und der Prinz von Hohenzollern mitten in der Stadt. Mitten ueberm Dinner, der Prinz.

Und Kaete war schoen und der Prinz von Hohenzollern war schoen, warum denn nicht. Blonde Flechten im Zopf: Kaete, rabenschwarze Flechten im Zoepfchen: der Prinz von Hohenzollern. Warum also nicht. Lag doch nah, oder? Fuer so einen hatte Kaete ihr Goldhaar verflochten, trug den runden Hintern straff im Textil, auch vornerum und im Schritt alles bestens. Warum denn ich, warum immer ich nicht, Kaete war so auf die Art am Roehren mitten in Goettingen, mitten in der Fussgaengerzone, mitten im Frust. Schwere Jugend, schwere Brueste. Frauen, Frauen schritten vorueber, Maenner. Die Aebtissin von Kleve schuettelte Kopf und Rosenkranz, Kaete hatte damit kein Problem. Die Zukunft? Wie? Keine Ahnung. Das Jetzt? Das Hierundheute? Kack. Alles verspannt.

Ihre sieben Schwestern, ihre sieben Brueder, ihre sieben Raben: Kack. Alle verkommen. Kein Schimmer, keine Ahnung, verludert. Mutter tot, Vater tot, Tante tot, na bitte. Beugte sich weiss Gott die Aebtissin von Kleve vor, Nase Richtung Kaete, wegen barmherzig und so – ha,dafuer hatte sie nicht Jura studiert, dafuer nicht geroehrt im Abendrot. Keine Ahnung wofuer, fuer so was bestimmt nicht. Sass Kaete da und sass goldenschoen, roehrend aus Frust. Belaemmert: Kaete sass belaemmert. Frust, na danke.

Dann verstrich Zeit, dann war die Aebtissin von Kleve abgerauscht, dann machten die Laeden dicht, als der Prinz von Hohenzollern besinnungslos im Rathaus tafelte. Der Buergermeister toente, die Stadtverordneten toenten, der Prinz von Hohenzollern tafelte, das alles gleichzeitig. In Goettingen geht so was, haut hin, passiert. Reich frisst, Arm darbt. Das geht dort wie nix. Man glaubt, es geht nicht, es geht aber doch. Keine Ahnung.

Ausserdem gingen irgendwelche Laternen an und Kaete roehrte in die Daemmerung. Doch, doch, das passt schon: Roehren und Daemmerung. Auch sonst alles wie gehabt. Die Aebtissin von Kleve ueberm Rosenkranz, der Buergermeister am Toenen, ueberm Soufflee der Prinz von Hohenzollern, Kaete, schoen wie nie, und immer auf der Bank. So ist das im Leben, so was kommt vor, so was ereignet sich. Was denn sonst. Kaum zu glauben. Irgendwann hoerte Kaete mit dem Roehren auf, irgendwann roehrte sie wieder. Abendfrieden? Nachtruhe? Eher nicht.